Horror Patriae Ausstellung
Heimattempel

Bezeichnungen für Herkunftsorte sind nicht neutral. Das lateinische Wort patria kann sich auf eine Stadt, ein Dorf oder sogar auf das Haus beziehen, in dem man geboren wurde. Seine deutsche Übersetzung, „Vaterland“, klingt bereits offizieller, nach einer Nation mit Grenzen und einer Armee, die von der Bevölkerung Opfer verlangt. Das deutsche Wort „Heimat“ ist so besonders, dass es sich schwer in andere Sprachen übersetzen lässt. Es beschwört Bilder von Dörfern, unberührter Natur, Zugehörigkeit und Verwurzelung sowie einer vertrauten Tradition herauf. Es ist der scheinbar sichere Hafen des Zuhauses, weit weg von der Politik.

Diese Vorstellung ist jedoch zutiefst politisch. „Heimat“ war ein Schlüsselbegriff des deutschen Nationalismus. Er erlangte erstmals während der industriellen Revolution Bekanntheit. Bauern verließen ihre Dörfer, um Arbeiter zu werden, und die traditionellen Lebensweisen erschienen plötzlich schutzbedürftig. Dieser Aufgabe nahm sich die Heimatschutzbewegung des späten 19. Jahrhunderts an. Sie zielte darauf ab, die „richtige“ Art von Architektur, Liedern, Kleidung und Bräuchen zu bewahren und zu fördern sowie die „falsche“ zu verurteilen. Diese Bewegung war in Österreich und insbesondere in der Steiermark sehr einflussreich. Gedenktafeln wie die hier ausgestellte erinnern an gefallene Kriegshelden. Auch sie werden als Beschützer der Heimat gefeiert, sowohl im militärischen als auch im kulturellen Sinne.

Die Heimatschutzbewegung inspirierte und beeinflusste das Grazer Volkskundemuseum, das 1913 als Teil des Joanneums vom Volkskundler Viktor Geramb (1884–1958) gegründet wurde. Ihm folgte Hanns Koren (1906–1985) nach, der auch politische Ämter in der Steiermark innehatte und den steirischen herbst initiierte. Über diese beiden Männer werden Sie später mehr erfahren.

In ihren unheilvolleren Momenten wurde die Heimatkunde speziell in ethnisch gemischten Regionen zu einer Form rassistischer, progermanischer Propaganda. Karl Haiding (1906–1985), der Gründer des Museums Trautenfels, ist in dieser Hinsicht eine historische Schlüsselfigur.

Die Volkskundler waren bestrebt, die traditionelle steirische Tracht zu erhalten. Mit Sorgfalt rekonstruierten sie Trachten für Männer und Frauen aus verschiedenen Regionen. Gestellte Fotos aus den 1980er-Jahren, die vom Leopold Stocker Verlag veröffentlicht wurden, spiegeln die Atmosphäre des konservativen Patriarchats wider. Seltsamerweise scheinen sie darauf zu bestehen, dass ein Mann zu jeder Zeit die Wahl zwischen mindestens zwei Frauen haben sollte.

Folklore, Tradition und patriarchalische Ordnung dominierten die „offiziellen“ und regionalen Identitäten Nachkriegsösterreichs. Dies rief den entschiedenen Widerstand von Künstler:innen und Schriftsteller:innen, insbesondere von Frauen, hervor. VALIE EXPORT (geb. 1940) war und ist eine der einflussreichsten unter ihnen.